Rechtsanwältin Ulrike Kosin

(Urteil LAG Köln, 12.09.2024, Az. 6 SLa 76/24)
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Allgemein bekannt ist, dass schwerbehinderte Menschen in den ersten 6 Monaten des Arbeitsverhältnisses noch keinen besonderen Kündigungsschutz haben (§173 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX), D.h. der Arbeitgeber braucht nicht die Zustimmung des Integrationsamtes einzuholen und es gilt auch nicht die Mindestkündigungsfrist gem. § 169 SGB IX.
Auch das Kündigungsschutzgesetz gilt erst, wenn das Arbeitsverhältnis länger als 6 Monate bestanden hat. Der schwerbehinderte Arbeitnehmer ist also ziemlich schutzlos vor Kündigungen in den ersten 6 Monaten.

Doch nicht ganz: Es gibt § 167 Abs. 1 SGB IX. Hiernach hat ein Arbeitgeber bei Auftreten von Schwierigkeiten im Arbeitsverhältnis des Schwerbehinderten die Schwerbehindertenvertretung und das Integrationsamt einzuschalten, um Hilfen zur Beratung und finanzielle Leistungen zu erörtern, die helfen können.

Wenn der Arbeitgeber es unterlassen hat, bei Schwierigkeiten die vorgenannten Stellen einzuschalten ist eine Kündigung nicht per se rechtswidrig.
Aber: Das Fehlen dieser Maßnahmen ist ein Indiz dafür, dass die Kündigung aufgrund der Behinderung erfolgte.
Der Arbeitgeber muss dann vor Gericht beweisen, dass er den Schwerbehinderten nicht aufgrund seiner Behinderung benachteiligt hat. Eine Kündigung eines Schwerbehinderten darf nämlich nicht aufgrund der Schwerbehinderung erfolgen, dann verstößt sie gegen ein gesetzliches Verbot und ist unwirksam, § 164 Abs. 2 SGB IX, § 134 BGB.
Allerdings gilt für die Darlegung, dass der Schwerbehinderte nicht benachteiligt wurden, ein herabgesenkter Maßstab. Es reicht also schon, wenn der Arbeitgeber nachvollziehbare Gründe für die Kündigung nennen kann.

Also für Schwerbehinderte: Wurden bei Problemen im Arbeitsverhältnis vom Arbeitgeber Maßnahmen zur Erhaltung des Arbeitsplatzes ergriffen oder erfolgte die Kündigung einfach so? Dann könnte die Kündigung rechtswidrig sein. Hier ergeben sich Chancen für eine Klage gegen die Kündigung!
Für Arbeitgeber: Sicherheitshalber ist bei Schwierigkeiten auch schon in den ersten 6 Monaten die Schwerbehindertenvertretung und das Integrationsamt einzuschalten, andernfalls kann die Kündigung rechtswidrig sein.

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